Hintergrund

Zukunft der KFZ-Branche: Technologieneutrale Erreichung der Klimaziele

Elektromobilität gewinnt in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung. Doch dessen Förderung kann sich in die falsche Richtung entwickeln.

Zuletzt aktualisiert am 01.02.2022, 14:31

Ein Mann steht an der Tankstelle und telefoniert, während er sein E-Auto auflädt. Diese Autos helfen bei der technologieneutralen Erreichung der Klimaziele. Copyright: Andrii - stock.adobe.com

Durch eine einseitige Förderung von Technologien, die untereinander im Wettbewerb stehen, kann es geschehen, dass sich womöglich schlechtere Alternativen durchsetzen, wenn diese eine kritische Größe an Nutzern überschreitet. Ein ungerechter Wettbewerbsvorteil entsteht, wenn Förderungen dauerhaft in eine Technologie fließen. Das Rennen um die besten Technologien wird dann politisch und nicht nach Marktprinzipien entschieden. Dieses Phänomen, dass sich eine womöglich schlechtere Technologie aufgrund eines Startvorteils und der stetig steigenden Anzahl an Nutzern durchsetzt, wird in der ökonomischen Literatur als „Lock-in-Effekt“ bezeichnet. Die Subventionierung der Elektromobilität birgt diese Gefahr aktuell in sich.

Klimaziele als Richtwert für die Automobilbranche

Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird es weitere Verschärfungen bei den C02-Grenzwerten im Automobilbereich geben. Das derzeitige 95g-Limit von C02-Emissionen muss bis 2030 um 37,5 Prozent unterschritten werden. Ein Einsparungsziel von 55 Prozent ist bereits in Diskussion. An den beschlossenen Klimazielen wird nicht zu rütteln sein, die Frage ist, wie die Hersteller ihre Flotte umstellen können, damit sie die Zielvorgaben erreichen.

Mehrere Aspekte von Wohlstand

Neben der Umwelt wirken aber auch andere Ziele auf den Wohlstand einer Gesellschaft ein, und zwar ein angemessenes Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, eine gerechte Einkommensverteilung sowie ein stabiles Preisniveau. Setzt man alles auf eine Karte (z.B. nur Umweltschutz als Ziel), leiden diese darunter. Daher ist eine ausgewogene Wirtschaftspolitik notwendig.

Elektromobilität als Allheilmittel?

Die batteriebetriebene Elektromobilität leistet einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, sie ist jedoch nur ein Mosaikstein im Technologiemix. Brennstoffzellen (Wasserstoffantrieb) mit Elektromotor, aber auch Verbrennungsmotoren (mit alternativen Kraftstoffen) werden in Zukunft eine Rolle bei den klimaschonenden Antriebstechnologien spielen. In der Übergangsphase sind Hybridmodelle wichtig, um höhere Reichweiten mit innerstädtischen Mobilitätsbedürfnissen zu kombinieren. Durch die Weiterentwicklung der Hybridtechnologie, beim Dieselmotor selbst und auch bei den Treibstoffen, gibt es noch ausschöpfbare Effizienzpotentiale. Insbesondere Diesel ist im Vergleich zum Benziner sauberer bei CO2 (höherer Wirkungsgrad). Somit kann dieser in der Bekämpfung der globalen Erwärmung als Übergangstechnologie (i.V. mit der Hybridisierung) einen entscheidenden Beitrag leisten. 

Folgende Herausforderungen und Gefahren lauern bei einem zu rasanten Ausstieg aus Verbrennungsmotoren:

  • Skalenerträge in der Massenproduktion sind noch nicht so ausgereift, dass diese leistbare Preise bei vergleichbarem Nutzen auf den Verbrauchermärkten erzielen können. Dies gilt insbesondere bei größeren Fahrzeugen (Familienvans als Beispiel). Letzteres hat auch eine soziale Dimension. Der Blick auf die aktuelle Zulassungsstatistik in Österreich zeigt, dass der reine E-Antrieb (BEV) derzeit noch ein Minderheitenprodukt ist, auch wenn die Neuzulassungen eine deutlichen Trend Richtung E-Mobilität (allerdings von sehr niedrigem Niveau startend) erkennen lassen.
  • Jahrzehntelang aufgebautes Know-how und die Forschungs- und Entwicklungsgeschichte bei der Verbesserung von Verbrennungsmotoren dürfen nicht mit einem Schlag vernichtet werden (!).
  • Der Übergang zur Dekarbonisierung braucht Zeit. Denn wenn dies zu rasant erfolgt, kostet es aufgrund der Verflechtung mit der Zulieferindustrie viele traditionelle Arbeitsplätze (vgl. Mayer et al. 2021).
  • Bei reinem Fokus auf Elektromotor:
    • Gefahr von technologischem „Lock-in“ durch möglicherweise Subventionierung schlechterer Technologien.
    • Abhängigkeit von grünem elektrischen Strom, dies setzt einen rasanten Ausbau erneuerbarer Energieträger voraus.
    • Die flächendeckende Verfügbarkeit der Ladeinfrastruktur ist ungelöst.
    • Zulieferkette: Möglicher Wertschöpfungs-Shift von Europa nach Asien
  • Die technologische Entwicklung bei Elektroautos ist noch stark ausbaufähig, vor allem was Akku-Technologien betrifft.

Literatur:

Auer, M., „Elektroautos allein reichen nicht“ online aufrufbar auf https://www.diepresse.com/6077599/elektroautos-allein-reichen-nicht

Meyer, B., Friesenbichler K. und Hirz, M., „Dekarbonisierung als ein Treiber des Wandels der österreichischen Kfz-Zulieferindustrie“ in WIFO Monatsberichte 11/2021, S. 829-839. WIFO in Kooperation mit der TU Graz.