Gastbeitrag

„Bio Enhanced Energy Recovery“: Die umweltfreundliche Methode zu fracken

In Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen, werden in Österreich die Forderungen lauter, Abhängigkeiten von Erdgas aus dem Ausland zu reduzieren. Dafür braucht es jedoch einen konkreten Plan der alternativen Energiebeschaffung.

Zuletzt aktualisiert am 28.10.2022, 09:56

Gashahn mit Rohrleitungssystem an der Erdgasstation. © stock.adobe.com/Photocreo Bednarek

Österreich verbraucht aktuell jährlich 89 TWh Erdgas. Nur 10 TWh davon stammen aus inländischer Produktion, der Rest muss importiert werden. In Anbetracht der Energiekrise wird die Forderung immer lauter, Österreichs Abhängigkeit zu reduzieren bzw. wird sogar immer wieder von „Energieautarkie“ gesprochen. Um diesen Loslösungsprozess zu vollziehen und überhaupt an Energieautarkie zu denken, muss solch einer Forderung aber ein konkreter Plan einer alternativen Energiebeschaffungsmöglichkeit voranschreiten.

Eine praktikable Möglichkeit wäre die Förderung von Erdgas im Weinviertel, wo riesige Schiefergasvorkommen lagern. Schätzungen zufolge könnte sich unser Land damit 30 Jahre lang mit Gas komplett selbst versorgen, doch entsprechende Pläne für Probebohrungen wurden vor gut zehn Jahren fallengelassen. Grund dafür waren die vielen Vorbehalte bzw. politischer Widerstand gegen „Fracking“. Eine Fördermethode, die vor allem in den USA und Kanada eingesetzt wird, bei der Chemikalien in tiefliegendes Gestein eingebracht werden, um so das darin eingeschlossene Gas zu fördern. Auch Europa sitzt auf einem riesigen Vorrat dieses Schiefergases, die Vorkommen werden auf insgesamt 25 Billionen Kubikmeter geschätzt. Damit könnte sich der gesamte Kontinent mit einem jährlichen Verbrauch von 380 Milliarden Kubikmeter (Messung 2020) 60 Jahre lang selbst versorgen. An der Montanuniversität wurde eine alternative, ökologische Art des „Frackings“ entwickelt, die einen wichtigen Beitrag zu Österreichs Energieunabhängigkeit leisten kann.

Erdöl- und Erdgaslagerstätten finden sich üblicherweise in von der Natur geschaffenen Speichergesteinen unterschiedlichster Art. Das Gleiche gilt auch für geothermische Lagerstätten. Diese Gesteine zeichnen sich dadurch aus, dass sie porös sind und in eben diesen kleinen Poren können die Kohlenwasserstoffe beziehungsweise das Heißwasser lagern. Neben dieser Grundvoraussetzung spielt aber auch die Durchlässigkeit dieser Porenräume – auch Permeabilität genannt – eine wesentliche Rolle, um die Medien auch tatsächlich fördern zu können.

Mikroskopische Aufnahme eines Speichergesteins, die Porenräume sind blau eingefärbt.
Mikroskopische Aufnahme eines Speichergesteins, die Porenräume sind blau eingefärbt

Sind nun die Fließwege nicht gegeben besteht die Möglichkeit einer Stimulation mit Säure. Dieses Verfahren erlaubt aber nur eine Anwendung im bohrlochnahen Bereich. Um Fließwege in mehrere hundert Meter Entfernung zu erzeugen, kann ein Fracking verfahren verwendet werden. Für diese Technologie hat die Menschheit bei Mutter Natur Anleihe genommen: Wer mit offenen Augen durch die Natur marschiert kann leicht die Unzahl an natürlichen Klüften sehen, aus denen bisweilen Wasser Austritt. Diese sind überwiegend durch die sogenannte Platentektonik verursacht, bei der enorme Kräfte frei werden und die Gesteinsschichten aufbrechen. Ebendiese Technik macht man sich beim Fracking durch Anlegen von hydraulischem Druck zunutze und schafft damit in der Lagerstätte die künstlichen Fließwege.

Natürlich gefaltete und geklüftete Gesteinsschichten.
Natürlich gefaltete und geklüftete Gesteinsschichten

Da die künstlich geschaffenen Klüfte jedoch nicht freiwillig offen bleiben, werden sie durch das Einbringen von speziellen Materialien gestützt und damit ist der Zufluss für die Medien gesichert. Die Herausforderung dabei ist das Einbringen dieser Stützmittel an die richtige Stelle und dies über weite Strecken – nicht nur in vertikaler sondern auch in horizontaler Richtung. Dazu braucht man ein flüssiges und pumpbares Transportmedium. Reines Wasser würde sich nicht eignen, zumal es keinerlei Tragfähigkeit besitzt, aber genau das wird für den Transport an Ort und Stelle benötigt. Dazu werden durch Zugabe von Additiven die chemischen und physikalischen Eigenschaften von Wasser angepasst um allen Anforderungen zu genügen. Die Fracking Technologie ist nicht neu, sie wird seit den vierziger Jahren des vergangenen Jahrtausends weltweit angewendet, auch in Deutschland und Österreich.

Bio Enhanced Energy Recovery (BEER)

Die Verwendung der verschiedensten Chemikalien bei den herkömmlichen Verfahren hat in der Vergangenheit oftmals heftige internationale Kritik hervorgerufen, bisweilen nicht zu Unrecht. Die Sorge um das Trinkwasser ist weit verbreitet, in den Medien wurden Horrorszenarien gezeigt, wobei Gas aus dem Wasserhahn austritt und sich entzündet. Letzteres ist technisch unmöglich und wurde später sogar vom Filmproduzenten als Fake bestätigt. Natürlich ist bereits in der Planungsphase die Beweissicherung der Integrität des Bohrlochs oberstes Gebot um eine Kommunikation mit dem Grundwasserträger ausschließen zu können. Die vielfach geäußerten Bedenken hinsichtlich Erdbeben sind unberechtigt: Mit den heutigen geophysikalischen Messmethoden lassen sich sogar die geringsten Erschütterungen messen, die aber von einem Menschen niemals wahrnehmbar sind. Diese Messungen sind aber für die Verfolgung der genauen Ausbreitung der künstlich erzeugten Klüfte von essentieller Bedeutung.

Um auch den umwelttechnischen Anforderungen zu genügen, wurde an der Montanuniversität Leoben ein neues Verfahren entwickelt, bei dem nur Kaliumkarbonat und Stärke verwendet werden. Dank der hervorragenden Eigenschaften von Kaliumkarbonat kann damit allen chemischen Anforderungen genügt werden. Die Tragfähigkeit wird in erster Linie durch die Stärke bereitgestellt. Kaliumkarbonat ist hinlänglich in der Agrarindustrie als Düngemittel bekannt, Stärke wird unter anderem in der Lebensmittelindustrie verwendet. Dieses Verfahren wurde zur Beweissicherung von internationalen Firmen überprüft und bestätigt, sämtliche Additive sind behördlich genehmigt.

Mit diesem Verfahren konnte also ein ganz wesentlicher Beitrag zur Versorgungssicherheit mit Kohlenwasserstoffen geleistet werden, der allen technischen, umwelttechnischen aber auch ökonomischen Anforderungen genügt. Eine besondere Bedeutung gewinnt das Verfahren auch bei der Gewinnung von geothermischer Energie: Auch bei den Heißwasserlagerstätten wird oftmals zwar die erforderliche Temperatur angetroffen, nur der Zufluss ist mangelhaft und lässt eine wirtschaftliche Förderung nicht zu. Aber auch hier kann das „Bio Enhanced Energy“ Verfahren einen entscheidenden Beitrag zur Gewinnung von erneuerbarer Energie leisten. In allen Fällen ist jedoch vor der Anwendung des Verfahrens die Integrität des bestehenden und zu frackenden Bohrlochs zu beweissichern, um jedwede Kommunikation mit dem Grundwasserkörper ausschließen zu können.

Die Tragweite der Geothermie für die Erdöl- und Erdgasgewinnung

Die Nutzung der geothermischen Energie zum Zwecke der Verstromung oder für Heizzwecke auf den verschiedensten Temperaturniveaus ist hinlänglich bekannt, leider aber in unseren Breiten weitgehend nur spärlich umgesetzt. Die geothermische Energiegewinnung kann aber auch für die Kohlenwasserstoffindustrie von enormer Bedeutung sein. Erdöl ist bekannt für sein interessantes Viskositätsverhalten. Die Viskosität steigt in der Regel mit fallender Temperatur exponentiell. Bedenkt man aber dass bei der Förderung im Steigrohr das Erdöl gravierend abkühlt und damit die Viskosität exponentiell steigt, bedeutet dies erhebliche Druckverluste im System und damit gravierende Verluste bei der Förderung. Kann hingegen die geothermische Energie aus der Lagerstätte soweit konserviert werden, dass die Temperaturverluste weitgehend verhindert werden, kann dies einen signifikanten Produktionsgewinn bedeuten. Aber noch viel wichtiger ist in vielen Fällen dass die Ausfällung von Paraffinen und Asphaltenen verhindert werden kann. Diese führen nämlich zu einer signifikanten Verkleinerung des Rohrquerschnittes und damit zu einem weiteren Produktionsabfall. Im „worst case szenario“ verschließt sich das Bohrloch total und die Förderung ist unterbrochen.

Um dieses Phänomen auch tatsächlich nutzen zu können, wurde an der Montanuniversität Leoben ein Simulationsprogramm erstellt, welches alle kritischen Parameter, die bei der geothermischen Energiegewinnung relevant sind, berücksichtigt. Gleichzeitig wird aber auch das Verhalten von Erdöl in der Produktionsphase mit einbezoge. Ein ganz wesentlicher Aspekt ist dabei auch die Verwendung der geeigneten Materialien, welche die Konservierung der geothermischen Energie auf dem Weg von der Lagerstätte nach obertage erlaubt.

Die Nutzung der geothermischen Energie hat aber auch für die Erdgasproduktion eine besondere Bedeutung. Denn auch Erdgas reagiert bei der Förderung sehr sensibel, wenn es eine Abkühlung erfährt. Das Volumen schrinkt und dadurch reduziert sich die Fließgeschwindigkeit massiv. Dies wiederum hat zur Folge, dass die aus der Lagerstätte mitgeförderten Flüssigkeitströpfchen bei Erreichen einer kritischen Geschwindigkeit nicht mehr ausgetragen werden können und sich im Bohrloch ansammeln. Diese Akkumulation hat wiederum zur Folge, dass ab einer gewissen Höhe der Wassersäule die Energie der Lagerstätte nicht mehr ausreicht und die Sonde stirbt. Die künstliche Förderung von Flüssigkeiten aus Gassonden ist zwar bis zu einem gewissen Maß technisch machbar, aber insbesondere für druckschwache und tiefe Bohrlöcher bedeutet dieses Phänomen das Ende der Produktion und damit den Verlust von Erdgasreserven. Mit der oben beschriebenen Energiekonservierung durch geeignete Isolationsmaterialien kann aber auch dieses Problem über einen gewissen Zeitraum gelöst werden. Also ein weiterer Beweis für die weitreichende Tragweite der geothermischen Nutzung.

Die Tragweite der Nutzung von geothermischer Energie ist jedoch viel breiter als üblicherweise angedacht. Neben der Erzeugung von Strom und der Heißwassergewinnung kann die geothermische Nutzung auch einen wesentlichen Beitrag zur Erdöl- und Erdgasförderung leisten. Durch die Verwendung geeigneter Isolationsmaterialien kann nachweislich das Produktionsverhalten und somit die Wirtschaftlichkeit verbessert werden. Das kann das ökonomische Limit von Lagerstätten weit in die Zukunft verschieben und damit die Ausbeutefaktoren der Lagerstätten verbessern.

Zum Unterschied von anderen erneuerbaren Energiequellen steht die geothermische Energie permanent zur Verfügung, unabhängig von Jahreszeit und Wind und Wetter. Ebenso ist diese Art der Energiequelle weltweit verbreitet, wenngleich auch mit unterschiedlichen Temperaturgradienten. Ein limitierender Faktor mag die mangelnde Schüttung der Bohrlöcher aufgrund der bescheidenen Gesteinsdurchlässigkeiten sein. Aber auch hier kann Abhilfe mit einer neuen und umweltfreundlichen Frackingmethode geschaffen werden, welche auch aus ethischer Sicht vertretbar ist. Damit kann, gemeinsam mit Wind- und Wasserkraft, Solarenergie und Biomasse ein weiterer wichtiger Schritt Richtung Energieunabhängigkeit gegangen und somit ein ganz wesentlicher Beitrag zur Energieversorgungssicherheit für die nächsten Generationen geleistet werden.