Teilzeit auf dem Prüfstand
Der Arbeitskräftemangel ist und bleibt eine zentrale Zukunftsfrage für den Wirtschaftsstandort Österreich. Der Trend zur Teilzeit ohne Betreuungspflichten verschärft die Situation weiter.
Zuletzt aktualisiert am 31.07.2025, 15:24

Die Suche nach geeigneten Fach- und Arbeitskräften ist für die heimischen Betriebe trotz schwächelnder Wirtschaft ein Dauerbrenner. Laut aktuellem Arbeitskräfteradar der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) fehlen derzeit rund 176.000 Personen – Tendenz steigend. Der demografische Wandel, insbesondere die bevorstehende Pensionierungswelle der Babyboomer, dürfte weitere Herausforderungen bringen.
Schon heute spüren wir die Auswirkungen im Alltag – von längeren Wartezeiten über eingeschränkte Dienstleistungen bis hin zu wirtschaftlichen Einbußen. Das österreichische Modell des Sozialstaates gerät zunehmend unter Druck, die gewohnten Leistungen sind mit dem Trend zu immer weniger Arbeitsstunden nicht vereinbar. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Debatte um Teilzeitarbeit an Relevanz.
Teilzeitquote in Österreich steigt weiter
Laut Statistik Austria sind sowohl die absolute Zahl der Teilzeitbeschäftigten – von 1.387.400 im Jahr 2023 auf 1.412.000 im Jahr 2024 – als auch die Teilzeitquote selbst (2024: 31,5 %) zuletzt weiter angestiegen. Damit liegt Österreich im EU-Vergleich an zweiter Stelle hinter den Niederlanden und deutlich über dem europäischen Durchschnitt.

© WKÖ / DMC
Teilzeit als gesellschaftliches Phänomen
Klar ist: Wer Betreuungspflichten hat, seien es Kinder oder pflegebedürftige Angehörige, hat natürlich gute Gründe, in Teilzeit zu arbeiten – und oft aufgrund mangelnder Betreuungsangebote auch keine andere Wahl. Teilzeit wird aber auch zum freiwillig gewählten Lifestyle.
Viele verabschieden sich schlicht deshalb in Teilzeitmodelle, weil das Steuer- und Abgabensystem Teilzeitarbeit begünstigt und sich das tägliche Leben auch mit Teilzeitarbeit bestreiten lässt. Der Anreiz, mehr zu leisten, fehlt. Laut Berechnungen sind derzeit rund 250.000 unselbständig Beschäftigte in Teilzeit, obwohl sie weder Betreuungspflichten haben noch in Weiterbildung sind (Quelle: AMS Juni 2025, Gender-Statistik Erwerbstätigkeit Statistik Austria 2023).
Dabei wollen laut aktuellen Zahlen des AMS (Juni 2025) von den derzeit 946.220 teilzeitbeschäftigten Frauen, rund 25% aus freien Stücken nicht Vollzeit arbeiten – das entspricht rund 236.555 Personen. Bei den Männern sind es etwa 20.326 (26,8%).
Fazit: Vollzeitarbeit muss attraktiv werden
Die Faktenlage ist eindeutig: Österreich steht vor einer massiven gesellschaftlichen und demografischen Herausforderung. Wenn hunderttausende Erwerbsfähige bewusst ihre Arbeitszeit reduzieren, weil der steuerliche Anreiz für Mehrleistung fehlt, dann muss uns das zu denken geben. Denn dann gerät das gesamte „Erfolgsmodell Österreich“ unter Druck.
Es braucht aus Sicht der Wirtschaft daher ein gesellschaftliches Umdenken, Leistungsanreize und auch die entsprechende Sensibilisierung, was Teilzeitarbeit z.B. für die eigene Pension bedeutet, um ein „böses Erwachen“ zu vermeiden. Klar ist: Wer unseren Wohlstand erhalten will, muss auch bereit sein, dafür Vollzeit zu arbeiten, sofern es die individuelle Lebenssituation zulässt.