Gastbeitrag
Exportstandort Steiermark in der Post-Corona-Zeit – wohin geht die Reise?
Die Covid-19-Krise hat gezeigt, wie verletzlich und abhängig heutzutage die österreichische Wirtschaft von anderen Staaten ist.
Zuletzt aktualisiert am 05.04.2023, 08:17
Mit einem Anteil von 69,7% ist der österreichische Export am stärksten von Europa selbst, insbesondere von den Exportpartnern Deutschland, USA und Italien abhängig. Durch die Pandemie, welche die Verwundbarkeit der globalen Lieferketten und die Abhängigkeit der österreichischen und somit auch der steirischen Wirtschaft von Asien vor Augen geführt hat, ist es zu einem drastischen Wirtschaftseinbruch und somit auch zu einem Einsturz des Exports im Jahr 2020 gekommen. Im Jahr 2019 belief sich der Export in der Steiermark auf rund 25,9 Mrd. Euro, während es im Jahr 2020 nur mehr 22,3 Mrd. Euro waren, was einen Rückgang von 13,9% im Export darstellt.
Um diesen Auswirkungen der Pandemie, insbesondere den Disruptionen von Lieferketten, entgegenzuwirken, hat vor allem das Thema Supply Chain Risk Management bzw. Risikomanagement an großer Bedeutung gewonnen. [1] Zusätzlich dazu hat die Corona-Krise dazu geführt, dass die Themen Re- und Nearshoring vermehrt zur Sprache gebracht wurden und als Alternative zu Offshoring bzw. Farshoring in Betracht gezogen werden. Offshoring beschreibt das Verlagern von Unternehmensaktivitäten oder -funktionen ins Ausland und ist heutzutage aufgrund der Globalisierung und der internationalen Arbeitsteilung weit verbreitet. [2] Neben Offshoring ist häufig von Farshoring die Rede, wobei es sich um das Verlagern von Unternehmensaktivitäten über eine größere Distanz hinweg, zum Beispiel auf einen anderen Kontinent, handelt. [3] [4] Diese beiden Arten der Verlagerung stehen dem Nearshoring bzw. dem Reshoring gegenüber. Bei ersterem handelt es sich um das Rückverlagern von Unternehmensfunktionen, die ursprünglich ins Ausland verlagert wurden, zurück in ein dem Heimatland nahegelegenes Land. [5] Der Begriff Reshoring beschreibt das Rückverlagern von Aktivitäten in das Ursprungsland, hauptsächlich von Asien in osteuropäische Länder. [6]
Daher ist es aus unserer Sicht nun essenziell, auf die große Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit hinzuweisen. Es kann definitiv gesagt werden, dass die Corona-Krise zu einem Umdenken bei den Unternehmern und Unternehmerinnen geführt hat, vor allem wenn es darum geht, die eigene Lieferkette resilienter und somit weniger anfällig für zukünftige Risiken zu gestalten. Die Frage hier ist jedoch, ob auf dieses Umdenken auch tatsächlich Taten von den Unternehmen folgen werden, um die Steiermark und Österreich autarker zu machen. Manche Unternehmen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit Alternativen zur Beschaffung in Asien und China, wie beispielsweise osteuropäische Länder, überprüfen, wenn es für ihre Branche und Produkte auch tatsächlich einen Mehrwert darstellt. Ein interessanter Report von der österreichischen Außenwirtschaft Industry in Zusammenarbeit mit Manggei Consulting bezogen auf den Themenschwerpunkt „Globale Supply Chains und Sourcing aus Asien“ zeigt, dass wir vor allem in den Bereichen Elektronik, Werkzeuge und organische Chemikalien stark von China abhängig sind und dass bei keinem dieser Bereiche ein Verlagern mit relativ wenig Aufwand möglich wäre. Dies lässt sich auf die Tatsache zurückführen, dass eine Verlagerung von der Logistik, dem zur Verfügung stehenden Kapital und der Tätigkeit selbst abhängig ist. [7] Unternehmen sollten, wenn sie es nicht schon machen, ihre Lieferkette genauer unter die Lupe nehmen und versuchen, diese so resilient wie möglich zu gestalten. Diese Resilienz kann durch mehrere Maßnahmen aufgebaut werden. Auf der einen Seite ist es von Bedeutung, die Lieferketten transparenter zu gestalten, das heißt, ein Unternehmen muss über sein gesamtes Kunden- und Lieferantennetzwerk Bescheid wissen. Aufbauend darauf ist es für Unternehmen von enormer Bedeutung, sich alternative Lieferanten, bei Gelegenheit auch in Osteuropa, zu suchen. Nicht zu vergessen sind neue Technologien, welche beispielsweise für das Monitoring von Lieferanten oder für das Simulieren von möglichen Szenarien eingesetzt werden können und somit einen bedeutsamen Beitrag zur Minimierung von Risiken leisten können. Ein Beispiel für eine derartige Technologie bietet das in Wien situierte Start-up-Unternehmen Prewave, welches mit Hilfe von künstlicher Intelligenz kritische Bestandteile einer Lieferkette, wie Lieferanten oder Transportknotenpunkte, beobachtet und bewertet und somit für mehr Transparenz und Sicherheit entlang einer Lieferkette sorgt. [8]
Aus unserer Sicht ist es unwahrscheinlich, dass es in naher Zukunft zu einer Rückverlagerung kommen wird, da ein weiter Weg zwischen dem Wunsch nach Veränderung und der Realität liegt. Denn mit den richtigen Maßnahmen können Unternehmerinnen und Unternehmer auch so die Risikoanfälligkeit ihrer Lieferketten verringern. Daher blicken wir positiv in die Zukunft und sehen bereits an den aktuellen Exportzahlen, dass sich die Exportwirtschaft in der Steiermark nicht nur erholt, sondern auch gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen wird.