Die unbequeme Wahrheit
Steiermark als Internet-Entwicklungsland – Ausbau von Glasfaser steigern
Um die Digitalisierung flächendeckend voranzutreiben, ist der Ausbau von Glasfaserleitungen ein wesentlicher Standortfaktor. Neue Förderrichtlinien des Bundes sind dabei vielversprechend.
Zuletzt aktualisiert am 27.10.2021, 11:32
Die Steiermark ist ein Entwicklungsland, zumindest was den Ausbau mit hochleistungsfähigem Internet betrifft. Schnelle Datenverbindungen sind in einer Wissens- und Informationsgesellschaft notwendig, um die Produktivität sämtlicher Wirtschafts- und Arbeitsabläufe aufrechtzuerhalten. Von den Industriebetrieben bis hin zu den Einpersonenunternehmen profitieren Unternehmen aus der Steiermark von Produktivitätsfortschritten in Verbindung mit dem Ausbau von Glasfaser.
Institutionen wie beispielsweise die WKO Steiermark haben sich über die letzten Jahre für den Ausbau von Glasfaser in der Steiermark eingesetzt und die Breitbandstrategie des Landes erfolgreich mitgestaltet. Dennoch ist noch immer ein beträchtlicher Rückstand gegenüber anderen Bundesländern vorhanden. Die Steirische Breitbandinfrastrukturgesellschaft (vgl. sbidi) unterstützt Gemeinden bei der Errichtung von Glasfasernetzen in Regionen, wo ein marktwirtschaftlicher Ausbau schwierig umsetzbar ist.
Einige Pilotprojekte im Süden bzw. Südosten der Steiermark, bei denen der Aufholbedarf besonders groß ist, wurden bereits umgesetzt. Nunmehr gilt es, die neuen, von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Förderungen optimal einzusetzen, damit Kupferleitungen endgültig der Vergangenheit angehören. Damit kommt Österreich näher an das Ziel einer flächendeckenden Glasfaser- bzw. Gigabitversorgung. Diese ist speziell, aber nicht nur für die KMU-Digitalisierung notwendig. Folgende Aspekte sprechen für einen raschen Ausbau der physischen Infrastruktur, wobei der Fokus auf Glasfaser gelegt werden sollte:
- Höhere Produktivität aller Wirtschaftsbereiche – höhere Datenraten erfordern mehr Bandbreite.
- Reduzierung des Stadt-Land-Gefälles; regionale Disparitäten werden ausgeglichen, damit wird der Standort Österreich wettbewerbsfähiger -> dies stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit.
- Wissensintensive Dienstleistungen werden ortsunabhängig möglich.
- Kommunikative Grundversorgung für alle Wirtschafts- und Lebensbereiche.
- Krisensicherheit der Kommunikationstechnologie.
- Technology Readiness.
- Effizienzsteigerung bei sämtlichen Arbeitsabläufen.
Aspekte wie der verstärkte Einsatz von E-Government, Möglichkeiten modernster Anwendungen und Effizienzsteigerungen im Gesundheitswesen oder die Erhöhung der Energieeffizienz bzw. Reduktion von C02 (vgl. Studie) sind — um hier einige Beispiele zu nennen — sind weitere positive Effekte, die der Internetausbau mit sich bringt.
Für besonders entlegene Regionen bzw. Ballungsräume kommen natürlich auch Alternativtechnologien zum Einsatz (Satelliten, Kabelnetze, 4G/5G bzw. Funktechnologien), die in einer Gesamtstrategie berücksichtigt werden. Wirklich technologieneutral ist aber nur Glasfaser, da auf Basis dieser jeder technologische Bedarf der nächsten Jahrzehnte abgedeckt werden kann.
1,2 Mrd. € stehen für die neue Förderperiode zur Verfügung – neue Breitbandmilliarde bis 2026
Ende April hat die Bundesregierung angekündigt, den Breitbandturbo in den Regionen zünden zu wollen, 1,2 Mrd. €, davon rund 900 Millionen Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds, stehen dafür in Österreich bis 2026 zur Verfügung. Wie die Verteilung der Mittel im Detail aussieht, ist derzeit Gegenstand von Förderrichtlinien, die über den Sommer finalisiert werden.
Sobald der politische Prozess in Österreich abgeschlossen sein wird, ist noch auf die Notifizierung der Richtlinien seitens der Europäischen Kommission zu warten, sodass das neue Fördermodell wohl erst Ende 2021 bzw. Anfang 2022 durchstarten kann.
Wichtig hervorzuheben ist, dass bei den regionalen Förderungen nunmehr Gebiete, die Geschwindigkeiten von unter 100 Mbit/s im Download-Bereich aufweisen, förderfähig sein werden (sogenannte graue Flecken). Damit können weitere Regionen mit öffentlichen Fördermitteln versorgt werden. Es ist zu hoffen, dass die derzeitigen Entwürfe zu den Förderrichtlinien wie folgt modifiziert werden:
- Sicherstellung, dass ein Viertel der Breitbandmittel (Breitbandmilliarde) der nächsten Förderperiode (350 Mio. €) für die Steiermark zur Verfügung gestellt wird
- Anhebung der Förderquote auf mindestens 65 %, um mehr Anreize für den flächendeckenden Ausbau von Glasfaser zu schaffen
- Fokus auf Glasfaserprojekte
- Förderung der Flächendeckende Migration auf Glasfaser, auch wenn 100 Mbit/s mit Kupferleitungen ermöglicht werden.
Unabhängig davon gibt es auch eine direkt auf Unternehmen und nicht auf Provider oder Regionen gerichtete Förderungen unter dem Titel „Connect“, die keiner Notifikation seitens der EU bedarf und auch sonst keine bandbreitenmäßige Einschränkung aufweist.
Aus steirischer Sicht gilt es, die Weiterentwicklung der Steirischen Breitbandinfrastrukturgesellschaft (sbidi) zu fördern und die Umsetzung der steirischen Breitbandstrategie 2030 (hier) weiterzuverfolgen, die folgenden Ziele vorsieht:
- FttH-Verfügbarkeit (Fiber-to-the-Home) für 100 % der KMU und für größere Unternehmen
- FttB-Verfügbarkeit (Fiber-to-the-Building) für 60 % der steirischen Wohnsitze bis 2030
Die neue Breitbandmilliarde kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, um die Erreichung dieser Ziele in Angriff zu nehmen.