Hintergrund

Steiermark: Für Bauernläden braucht es einheitliche Rahmenbedingungen

Bauern- und Hofläden erleben zurzeit einen Boom. Unterschiedliche gesetzliche Gegebenheiten führen jedoch zu einer Ungleichbehandlung.

Zuletzt aktualisiert am 16.09.2022, 13:15

Bäuernläden und Hofläden brauchen einheitliche Rahmenbedingungen. Copyright: Milan - stock.adobe.com

In letzter Zeit häufen sich Neugründungen sogenannter Bauernläden. Darunter sind Verkaufsstätten zu verstehen, die regionale Produkte anbieten. Die Produktpalette solcher Geschäfte ist vielfältig und kann beispielsweise Fleisch- und Wurstwaren, Milchprodukte, Aufstriche, Öle, (feine) Backwaren, Nüsse, alkoholische Getränke, Säfte und Schokoladen umfassen.

Das Besondere an diesen Bauernläden ist, dass sie mit und ohne Gewerbeberechtigung betrieben werden können und genau darin liegt die Krux.

Normalerweise benötigt man für eine Tätigkeit, die regelmäßig, selbständig und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird, eine Gewerbeberechtigung. Dementsprechend ist für den Warenverkauf in Bauernläden eine Handelsgewerbeberechtigung erforderlich, außer es liegt eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung (GewO) vor.

Fehlende Rahmenbedingungen für Bauernläden führen in der Steiermark zu Vorteilen für Land- und Forstwirte

Genau solche Ausnahmetatbestände gibt es für die Land- und Forstwirtschaft. Diese erlauben Land- und Forstwirten, insbesondere selbst erzeugte und weiterverarbeitete Produkte ohne Handelsgewerbeberechtigung zu verkaufen. Auf Basis dieses Ausnahmetatbestandes können daher viele der eingangs beschriebenen Lebensmittel verkauft werden, ohne an die rechtlichen Vorgaben der GewO gebunden zu sein. Hierdurch entstehen zahlreiche Vorteile für Land- und Forstwirte im Vergleich zu Gewerbetreibenden. Zwei davon betreffen die Öffnungszeiten und den Alkoholverkauf mithilfe von Automaten.

Verkaufsstätten, die der Gewerbeordnung unterliegen, sind an Öffnungszeiten gebunden

Die Öffnungszeiten für den Warenverkauf sind nicht in der GewO geregelt. Sie finden sich im Öffnungszeitengesetz (ÖffnZeitG). Dieses gilt aber nur für Verkaufsstätten, welche der GewO unterliegen. Dementsprechend findet das Gesetz keine Anwendung auf Land- und Forstwirte, die regionale Produkte auf Basis von Ausnahmetatbeständen verkaufen. Dadurch kommt es zu einer massiven Benachteiligung von Handelsgewerbetreibenden. In diesem Zusammenhang sind vor allem das Öffnungsverbot für Sonn- und Feiertage sowie die maximale Gesamtoffenhaltezeit von 72 Stunden pro Kalenderwoche zu nennen.

Für diese Ungleichbehandlung von Handelsgewerbetreibenden lässt sich auch keine sachliche Rechtfertigung finden. Es handelt sich nämlich nicht um einen seit jeher üblichen Verkauf ab Hof in den gewöhnlichen Räumlichkeiten eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Vielmehr werden (dislozierte) Verkaufsräumlichkeiten geschaffen, die das Erscheinungsbild eines Gewerbebetriebs haben. Es liegt daher ein verfassungswidriger Rechtszustand zu Ungunsten von Handelsgewerbetreibenden vor.

Einheitliche Rahmenbedingungen für Bauernläden in der Steiermark sind auch beim Automatenverkauf unabdingbar

Die GewO verbietet unter anderem den Automatenverkauf von Alkohol außerhalb der Betriebsräumlichkeiten. Landwirte verkaufen ihren selbsterzeugten Wein häufig mithilfe von Automaten. Da die GewO in diesem Fall nicht zur Anwendung gelangt, sind sie auch nicht an das Automatenabgabeverbot gebunden. Für Landwirte gelten lediglich die Abgabebeschränkungen, die sich aus den Jugendschutzgesetzen der Länder ergeben. Diese Verbote sind milder, weil sie nur altersspezifische Abgabeverbote enthalten und nicht den Verkauf generell untersagen. Auch in diesem Zusammenhang liegt daher eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Handelsgewerbetreibenden vor, weil eine sachliche Rechtfertigung für die Andersbehandlung von Landwirten nicht gegeben ist; zumal sie erneut eine Absatzform gewählt haben, die ein gewerbliches Erscheinungsbild aufweist.

Das meinen die Experten

Aus all dem folgt, dass für gleiche Vertriebsformen gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden müssen. Dementsprechend ist ein dringender Handlungsbedarf des Gesetzgebers gegeben.

Zu beachten ist hierbei, dass sowohl die GewO als auch das ÖffnZeitG für Handelsgewerbebetriebe in Gesetzgebung Bundessache sind. Im Gegensatz dazu stehen die beschriebenen Ausnahmen aus der GewO in Landesgesetzgebungskompetenz. Sollen daher ein Öffnungszeitgesetz und ein Automatenverkaufsverbot für Waren statuiert werden, deren Erzeugung nicht der GewO unterliegt, dann ist hierfür ebenfalls der Landesgesetzgeber zuständig.

Für ein zügiges Handeln des Landesgesetzgebers sprechen aber nicht nur die beschriebenen Verletzungen des Gleichheitssatzes, sondern auch eine sozialpolitische Überlegung betreffend Öffnungszeiten: Wenn für Handelsgewerbebetriebe eine Sonntagsöffnung seit jeher ein Tabuthema ist, dann muss dies ebenso für Bauernläden außerhalb der GewO gelten!